Die Lieder Franz Schuberts sind als musikalische Gattung kaum mit heute geltenden Vorstellungen von »Werktreue« bzw. »Urtext« zu erschließen. Durch die gleichschwebende Temperatur unserer Flügel beispielsweise lassen sich Lieder in jede Tonart transponieren, wovon die Sänger ausgiebig Gebrauch machen. Dagegen ist die von Schubert selbst ausgeübte Kunst, Vorspiele und Einleitungen zu improvisieren, wo diese nicht niedergeschrieben sind, ausgestorben. Die Klavierbegleitung, die uns hier hauptsächlich interessiert, wurde immer wieder auf mannigfache Art bearbeitet. Von den ersten, von Schubert selbst zumindest geduldeten Ausgaben mit Gitarrenbegleitung bis zu den bombastischen Versionen für Singstimme mit großem Orchester von Brahms, Reger, Berlioz u. a. ist es ein weiter Weg. Das Streichquartett bietet sich aus mehreren Gründen zur Begleitung von Schubert-Liedern an: Einmal klingt die Kombination von Streichinstrumenten mit der Singstimme außergewöhnlich gut, zum anderen sind die originalen Klavierbegleitungen vieler Lieder streng vierstimmig gehalten, so dass sie ohne größere Eingriffe vom Streichquartett gespielt werden können. Darüber hinaus bewahrt das Streichquartett den Liedern ihren intimen kammermusikalischen Rahmen.
Für diese Sammlung habe ich nur solche Lieder ausgewählt, deren Klavierbegleitung eine Streichquartettfassung nahe legt. Bei der Ausgestaltung der Stimmen blieb ich stets im Rahmen von Schuberts Quartettstil, der ja in den letzten Werken wiederum stark vom Stil der Lieder geprägt ist.
Die Singstimme kann aus der Partitur gesungen werden. Bequemer wird es aber sein, die gängigen Ausgaben mit originaler Klavierbegleitung zu verwenden. Die Singstimme ist identisch. Neun der zehn Lieder sind in den ersten beiden Bänden der populären Peters-Ausgabe enthalten und können dort anhand der Titel und der Nummern des Deutsch-Verzeichnisses leicht gefunden werden.
Das Lied »Schöne Welt« (D 677) gehört dagegen zu den eher selten gesungenen. Von Schubert ohne Überschrift hinterlassen, hat man ihm den Titel des Schiller-Gedichts gegeben, dem Schubert eine Strophe für dieses Lied entnommen hat: »Die Götter Griechenlands«. Unter diesem Titel ist das Lied in den gängigen Ausgaben zu finden. Für Streichquartettspieler ist das Stück von besonderem Interesse, weil Schubert aus ihm das Menuett des berühmten »Rosamunden-Quartetts« formte.
Peter Lamprecht
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